Sonntag, 28. November 2010


                                                                                                                                                           
Heute: „Tag des Kindes“ → frei.                                                  11.10.10
Schön, wenn man an einem schwülen Dienstagvormittag nicht schwitzend in der Creche sitzen muss um einen Haufen aufgedrehter Kinder zu Füttern, Duschen, Beschäftigen etc. sondern unter den Bäumen vor der Haustüre auf einer Matratze entspannen kann. Obwohl ich mittlerweile hinsichtlich der Feiertage hier schon gänzlich die Übersicht verloren habe (Tag des Soldaten, Tag des Baumes, Tag des Verkehrs, Tag der Lehrer, Tag der Folklore, Tag der Bibel…), erfreue ich mich nicht minder an den dadurch anfallenden Urlaubstagen.
Vor ziemlich genau einer Woche hat hier mit dem lang ersehnten ersten Regen seit Mai endlich die Regenzeit begonnen. Zwei bis dreimal die Woche schüttet es hier jetzt wie aus Eimern; meistens jedoch nicht länger als eine Stunde, sodass aufgrund der noch immer hohen Temperaturen nach kurzer Zeit wieder alles trocken ist. Trotzdem ist die Wirkung unübersehbar: die ganze Stadt ist schon jetzt wesentlich grüner als noch vor 2 Wochen. Außerdem ist die Luftfeuchtigkeit deutlich angestiegen, was Tirza und ich vor allem des Nachts bemerken, wenn wir in unserem häufig schwülen Zimmer nicht schlafen können. Darüber vermag jedoch des Öfteren eine frische Bananenmilch unter freiem Himmel hinwegzutrösten…
Nebst der Regenzeit hat hier nun auch die Mango Saison begonnen, sodass wir fast täglich ein Dutzend reifer Mangos ernten (Wir haben 5 Mangobäume auf unsere Gelände!) können. Natürlich zögern wir auch nie, diese in rohen Mengen zu verspeisen… Que gostoso!
Vor etwas mehr als einer Woche wurde hier gewählt (3.Oktober); an einem schwülen Sonntag hatte man als brasilianischer Staatsbürger hier demnach die Pflicht (!) sich in einem der unzähligen Wahllokale anzustellen um seine Stimme abzugeben. Die bereits in Umfragen als Favoritin ermittelte Dilma Rousseff (ebenso wie Lula PT – Parti dos Trabalhadores) konnte mit 41% der Stimmen jedoch nicht die absolute Mehrheit erlangen, sodass es am 31. Oktober zu einer Stichwahl zwischen  den drei Erstplatzierten Kandidaten kommen wird. Da hatten Tirza und ich uns wohl etwas zu früh auf etwas mehr Ruhe (vor allem des Nachts) gefreut, denn der lautstarke Wahlkampf wird demnach noch etwas mehr als zwei Wochen andauern.

Letzten Mittwoch waren wir anlässlich der 20jährigen Deutschen Einheit bei der Deutschen Botschaft in Brasília eingeladen. Welch ein Fest! Obwohl Tirza und mir versichert wurde, dass wir mit einer schicken Bluse und einer netten Jeans angemessen gekleidet wären, fühlten wir uns zwischen Ballkleidern, mörderisch hohen und eleganten Schuhen sowie Hugo Boss Anzügen eher weniger passend gekleidet. Nachdem Elli uns unzähligen Botschaftern, Offizieren, Pfarrern etc. vorgestellt hatte, konnten wir uns ein ruhiges Plätzchen am Rande der Zeremonie suchen und der unglaublich unterhaltsamen Rede lauschen (leider war der Redner des Portugiesischen nicht einmal ansatzweise mächtig, sodass die mit fruchtbar deutschem Akzent abgelesene Rede allen Anwesenden ein Schmunzeln aufs Gesicht zauberte…). Anschließend galt es das Buffet zu erkunden. Deutsches Essen (Sauerkraut, Kartoffelsalat, Brezen (die wir den ganzen Tag hier im Casa da Esperança gebacken hatten) etc.), ein unwiderstehlicher Nachtisch sowie das Bier, der Sekt, leckere Säfte und die eigens aus Deutschland eingeflogene Marching Band (war das wirklich nötig???) machten den Abend für uns zu einem unvergesslichen Event.

 Nächsten Sonntag wird hier auf dem Gelände des Casa da Esperança ein Oktoberfest stattfinden. Tirza und ich werden mit ein paar Jugendlichen voraussichtlich eine Sternpolka vortanzen. Ich sage voraussichtlich, weil nach guter brasilianischer Manier gestern niemand von ihnen zu unserer vereinbarten „Probe“ erschienen ist… wir werden sehen, denn wie der Brasilianer sagen würde „sempre tem jeito“ (Es gibt immer einen Weg) und um ehrlich zu sein, wären weder Tirza noch ich böse darum, uns hier einmal weniger zum Affen zu machen...
Soweit aus der merkwürdigsten Hauptstadt der Welt

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